Die Fachgruppe Green IT SI (Schweizer Informatik Gesellschaft) entwickelte ein Assessment und einen Massnahmenkatalog für Rechenzentren sowie einen allgemeinen Katalog für die Umsetzung von in-house Green IT Massnahmen (Green in IT). Im Weiteren sind die wichtigsten Empfehlungen und Vorgehensschritte aufgeführt.
Zurzeit werden das Assessment und die Massnahmenkataloge in der Kampagne “Weniger Strom, mehr Effizienz in Serverräumen und Rechenzentren” verwendet, die durch den Schweizerischen Verband der Telekommunikation (asut) mit Unterstützung von EnergieSchweiz und zahlreichen Partnern aus der Privatwirtschaft ermöglicht wird.
Das Assessment und die Massnahmenkataloge sind in deutscher, französischer und englischer Sprache verfügbar.
Erkenntnisse und Tips für ein energieeffizientes Rechenzentrum
- Unternehmenseigene Rechenzentren (RZ) können, je nach Situation, an die Hälfte aller Energie des ICT Bereichs verbrauchen. Grosse RZ sind bei optimaler Planung der Kühlung und Weiterverwendung der Abwärme in der Regel energieeffizienter als der Betrieb mittlerer oder kleiner RZ. Der Betrieb eines eigenen RZ muss daher gut überlegt sein.
- Die Rechenzentrumstechnologien haben sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Die Wärmeabführung von immer kompakteren Chips und der Stromverbrauch sind dabei die entscheidenden Herausforderungen. Bereits gibt es Rechenzentren, die im Wasser versenkt werden können, um eine optimale Kühlung zu gewährleisten oder solche, die planen den Strom auch gerade selbst zu produzieren. Die Standortwahl und die voraussehende Planung gehören zu den entscheidenden Erfolgskriterien.
- Da die RZ einen beachtlichen Teil der Energie für den ICT Bereich verbrauchen, einen tragenden Grundpfeiler der Infrastruktur in Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft darstellen und kostenintensiv sind, gibt es bereits eine grosse Zahl von Experten, Beratungs- und Planungsunternehmen sowie staatliche Stellen, die mit Dienstleistungen und Richtlinien den Bau und Betrieb von energieeffizienten RZ unterstützen. Die meisten RZ-Hardware und -Infrastruktur Hersteller bieten ebenfalls hilfreiche Unterlagen und Dienstleistungen an.
Umfrage bei Hardware-Herstellern
Viele Rechenzentrumsbetreiber haben sich bis heute noch nicht mit einer Erhöhung der Systemraumtemperaturen befasst. Nicht zuletzt deshalb, weil sie die bestehende Infrastruktur nicht verändern wollen, und weil auch in den verschiedensten Datenblättern von Server-, Speicher- oder Netzwerkherstellern immer noch eine empfohlene Temperatur von 23°C oder weniger angegeben wird.
Wir haben die grössten IT-Hersteller (Dell, Fujitsu, IBM, HDS, EMC, HP, Oracle(SUN), Cisco) angeschrieben und sie explizit gefragt, ob sie eine Erhöhung der Temperatur im Rechenzentrum entsprechend den ASHRAE Standards 2008 und 2011 unterstützen.
Die Fragen
- Können alle Ihre Geräte eine Einlasstemperatur von 27°C über unbestimmte Zeit ertragen?
- Gibt es Ausnahmen?
- Braucht Ihr Gerät mehr Strom wenn die Einlasstemperatur am Gerät auf 27°C Grad angehoben wird?
- Um wie viel steigt die Energieaufnahme, wenn die Einlass-Temperatur vor dem Server von 24°C auf 27°C angehoben wird?
Mit den Fragen 3. und 4. sollte festgestellt werden, ob die durch die reduzierte Kühlung im Serverraum eingesparte Energie nicht gleichzeitig wieder zum grossen Teil bei den Servern selbst verbraucht wird (die Serverventilatoren laufen schneller bei höheren Einlasstemperaturen).
Die Antworten
- Die Geräte der befragten Hersteller können ohne Einschränkung mit 27°C Einlass leben. Die obere Temperaturgrenze ist heute bei 35°C und bei einigen bei 32°C.
- Ausnahmen wurden keine genannt.
- Gleichzeitig wurde bestätigt, dass bei einigen Speichern und Servers die Ventilatoren bei 27°C Einlass-Temperatur bereits schneller laufen und somit mehr Strom verbrauchen. Dieses Verhalten wird vermehrt bei neuen Servern wahrgenommen, welche über eine stark temperaturoptimierte Ventilatorsteuerung verfügen.
- In Kurven wird dargestellt, wie sich der Stromverbrauch erhöht, allerdings ohne eine qualitative Aussage, um wie viel sich der gesamte Stromverbrauch im Server erhöht.
Die meisten Hersteller bieten eine Analyse zur Energieeinsparung des bestehenden Serverumfelds an.
Zusammenfassung
Eine Erhöhung der Temperatur im Rechenzentrum ist gemäss befragter Gerätehersteller möglich und wünschenswert. Mit der Erhöhung der Temperatur im Rechenzentrum von 24°C auf 27°C kann nur wenig Strom gespart werden, weil die dadurch erhöhte Lüfter-Drehzahl in den Servern einen Teil der eingesparten Energie wieder verbraucht. Dieser Umstand ist auch in den ASHRAE Dokumentationen erwähnt.
Zusätzlich ist aber zu beachten, dass bei einer Doppelboden-Temperatur von 18°C in einem gut beanspruchten Serverraum die Raumtemperatur in Bodennähe 22°C und auf 2 Metern Höhe 28°C oder mehr betragen kann. Dies wird durch “Thermische Kurzschlüsse” verursacht.
Das heisst: ohne flankierende Massnahmen wird die Temperatur im Raum gar nicht erst angehoben, weil die Server im oberen Teil des Racks bereits heute zu warme Luft ansaugen.
Zwei wesentliche flankierende Massnahmen sind:
- Kalt- oder Warmgang-Einhausung der ICT Racks (Konsequente Trennung von Warm- und Kaltluft).
- Moderne Umluftkühlgeräte (ULKG) mit stufenlos geregelter und gedrosselter Luftmenge
Diese Massnahmen erlauben (a.) das Temperaturdelta vor den ICT Geräten zu reduzieren und (b.) bereits ernsthafte Energieeinsparungen zu erzielen, ohne dass die Temperatur angehoben wird. Beide Massnahmen sollten bei Neu- und Umbauten von Serverräumen unbedingt und gemeinsam eingeführt werden.
Bei der Dimension neuer ULKGs ist darauf zu achten, dass die Luftmenge der neuen Geräte so hoch ist, dass die Ventilatoren bei 50% ihrer Nennluftleistung betrieben werden können. So entstehen die eigentlichen Energieersparnisse bis 70% im Stromkonsum der ULKG-Ventilatoren.
Weitere Einsparungen, z. B. durch Erhöhen der Wassertemperatur und dem Verlängern von “free cooling” Zeiten sind hier nicht abgehandelt, gehören aber selbstverständlich zu einer energieeffizienten Kühlung.
Finanzieller Aspekt
Bei Serverräumen sind die Energieeinsparungen durch den Ersatz von bestehenden ULKGs durch drehzahlgesteuerte ULKGs aus rein finanziellen Überlegungen nicht zu rechtfertigen, weil die gesparten Energiekosten (OPEX) im Vergleich zu den Anschaffungskosten (CAPEX) zu niedrig sind. Der ROI (Return of Investment) kann beim heutigen Energiepreis von ca.11 Rappen/kWh bis zu 20 Jahre betragen. Eine Neuanschaffung lohnt sich meistens erst, wenn ein Life Cycle Zyklus der ULKGs ansteht.
Durch den Einsatz von Kalt- oder Warmgang-Einhausungen alleine kann aber bereits eine Erweiterung von bestehenden Umluftkühlgeräten verhindert und eine tiefe, gleichbleibende Temperatur vor dem Server erreicht werden.
Weitere Informationen
Schweiz
Mit verschiedenen Studien wurde einer parlamentarische Anfrage betreffen Energieeffizienz von Data Centers beantwortet (2014/2015):
- Stellungnahme Bundesrat: Rechenzentren – Energieeinsparungen sind möglich (BFE, 2015)
- Studie Amstein+Walthert und BFE (2015)
- Studie Amstein+Walthert, ASUT, IWSB und BFE (2014)
Europäische Union
Die EU hat mit dem Code of Conduct den Rahmen für effiziente Rechenzentren abgesteckt. Ziel des Kodex ist es, das Verständnis über die Menge an verbrauchter Energie zu fördern und gleichzeitig „Best Practices“ und Ziele zur Energieeffizienz zu liefern. Sowohl Datacenter-Betreiber als auch Hersteller von ICT-Hardware und -Infrastruktur können sich freiwillig dem Kodex verpflichten und ihre Energiebilanz deutlich verbessern. Nicht zuletzt lassen sich so laufende Kosten reduzieren.
Grossbritannien
British Computer Society hat rund 68’000 Mitglieder in 150 countries und besteht aus Business Leadern, Lehrtätigen, Praktikern und Entscheidungsträgern.
USA
“The Green Grid” ist diejenige Organistion, die das Thema Green IT schon sehr lange und mit viel Resourcen entwickelt.
ASHRAE, The American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers ist mit seinen Vorgaben sowohl für die Produktehersteller wie auch für RZ-Benutzer massgebend.
American Council for an Energy-Efficient Economic, ACEEE.